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Schlagwort: Pressefreiheit

  • Saleh Al Jaafarawi (22/11/1997 – 12/10/2025)

    Saleh Al Jaafarawi (22/11/1997 – 12/10/2025)

    Nach Angaben von Quellen wurde der 28-Jährige im Viertel Sabra von Mitgliedern einer mit Israel verbundenen „Miliz“ getötet.

    In einem Gespräch mit Al Jazeera im Januar – wenige Tage vor Beginn einer damaligen Waffenruhe – sprach al-Ja’farawi über seine Erfahrungen als Vertriebener aus dem Norden des Gazastreifens:

    „Ehrlich gesagt, ich lebte jede Sekunde in Angst – besonders nachdem ich gehört hatte, was die israelische Besatzung über mich sagte. Ich lebte von Sekunde zu Sekunde, ohne zu wissen, was die nächste bringen würde.“

    Al-Ja’farawi, einer der bekanntesten jungen Journalisten Gazas, hatte über Monate hinweg die Zerstörung, den Hunger und das Leid der Zivilbevölkerung dokumentiert. Er war für viele Palästinenser eine Stimme der Standhaftigkeit – und wurde mehrfach direkt von der israelischen Armee und ihren Sprechern bedroht.

    Israelische Medien meldeten seinen Tod mit den Worten:

    „Hamas-Influencer Saleh al-Ja’farawi, bekannt als ‚Mr. FAFO‘, in Gaza getötet.“
    Laut Berichten sei al-Ja’farawi, einer der prominentesten pro-Hamas-Stimmen im Gazastreifen, mit einer Schussverletzung am Kopf aufgefunden worden.

    Zudem bestätigen israelische Medien: Die Initiative, Verbindungen zu Tausenden dieser bewaffneten Clan-Mitglieder aufzubauen, begann in der südlichen Abteilung des Shin Bet und wurde von „S.“ angeführt – dem Stellvertreter des scheidenden Shin-Bet-Chefs und derzeitigen Vizedirektor der Behörde. Saleh wurde von einer solchen Miliz getötet.

    Auch nach dem Waffenstillstand setzt Israel den Völkermord und die gezielte Verfolgung von Journalist:innen fort.

    Salehs Tod reiht sich ein in den tödlichsten Konflikt für Journalist:innen in der Geschichte:
    Seit Beginn des israelischen Genozids im Oktober 2023 wurden über 270 Medienschaffende im Gazastreifen getötet.

    Original: https://www.aljazeera.com/news/2025/10/12/palestinian-journalist-saleh-aljafarawi-shot-dead-in-gaza-city-clashes

    Al-Ja’farawi hinterlässt ein Vermächtnis der Wahrheit – ein Vermächtnis, das selbst der Tod nicht zum Schweigen bringen konnte.

    Das Vermächtnis des Märtyrers – so Gott will – Saleh al-Ja’farawi:

    Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen.
    Alles Lob gebührt Gott, dem Herrn der Welten, der spricht:

    „Und halte nicht diejenigen, die auf dem Weg Gottes getötet wurden, für tot. Nein, sie sind lebendig bei ihrem Herrn und werden versorgt.“

    Ich bin Saleh.
    Ich hinterlasse dieses Testament – nicht als Abschied, sondern als Fortsetzung eines Weges, den ich aus Überzeugung gewählt habe.

    Gott weiß, dass ich all meine Kraft und Mühe gegeben habe, um eine Stütze und eine Stimme für mein Volk zu sein.
    Ich habe Schmerz und Unterdrückung in all ihren Formen erlebt, den Verlust von Geliebten mehrmals erfahren – und doch habe ich nie gezögert, die Wahrheit so zu zeigen, wie sie ist.
    Diese Wahrheit wird ein Zeugnis bleiben gegen alle, die sich abgewandt oder geschwiegen haben – und zugleich eine Ehre für alle, die geholfen, unterstützt und an der Seite der edelsten, aufrichtigsten und tapfersten Menschen standen – dem Volk von Gaza.

    Wenn ich falle, dann wisst: Ich bin nicht verschwunden.
    Ich bin jetzt im Paradies, bei meinen Gefährten, die mich vorausgegangen sind –
    bei Anas, Ismail und all den Liebsten, die wahrhaftig zu ihrem Versprechen gegenüber Gott standen.

    Ich empfehle euch, meiner in euren Gebeten zu gedenken und den Weg weiterzugehen, den wir begonnen haben.
    Erinnert euch an mich mit fortdauernden guten Taten (Ṣadaqa ǧāriya),
    erinnert euch an mich, wann immer ihr den Gebetsruf hört oder das Licht seht, das die Nacht von Gaza durchbricht.

    Ich empfehle euch, am Widerstand festzuhalten –
    an dem Weg, den wir gegangen sind, und an dem Prinzip, an das wir geglaubt haben.
    Wir kannten für uns keinen anderen Weg, und wir fanden keinen Sinn im Leben außer darin, standhaft auf diesem Weg zu bleiben.

    Ich empfehle euch, auf meinen Vater achtzugeben –
    mein Herz, mein Vorbild, in dem ich mich selbst sah und der sich in mir sah.
    Du hast mich in den Tagen des Krieges begleitet, mit all seinem Leid.
    Ich bitte Gott, dass wir uns im Paradies wiedersehen – und dass du dann mit mir zufrieden bist, mein Stolz und meine Krone.

    Ich empfehle euch, auf meinen Bruder, Lehrer und Weggefährten Naji zu achten.
    Oh Naji, ich bin dir zu Gott vorausgegangen, bevor du das Gefängnis verlassen hast.
    Wisse, dass dies das Schicksal ist, das Gott bestimmt hat – und dass die Sehnsucht nach dir in mir wohnt.
    Ich hatte gehofft, dich zu sehen, dich zu umarmen, dir zu begegnen.
    Doch das Versprechen Gottes ist wahr – und unser Wiedersehen im Paradies ist näher, als du denkst.

    Ich empfehle euch, auf meine Mutter zu achten…
    Oh meine Mutter, das Leben ohne dich ist nichts.
    Du warst das Gebet, das nie endete, und der Wunsch, der nie starb.
    Ich bat Gott, dich zu heilen und zu stärken.
    Ich träumte davon, dich gesund zurückkehren zu sehen, mit einem Lächeln auf deinem Gesicht.

    Ich empfehle euch, auf meine Brüder und Schwestern zu achten.
    Gottes Zufriedenheit – und dann eure – war immer mein Ziel.
    Ich bitte Gott, euch glücklich zu machen und euer Leben so rein zu gestalten wie eure Herzen, denen ich immer Freude schenken wollte.

    Ich sagte immer:
    Das Wort fällt nicht.
    Und das Bild fällt nicht.
    Das Wort ist ein Treuhandgut, das Bild eine Botschaft.
    Tragt sie in die Welt hinaus, so wie wir sie getragen haben.

    Glaubt nicht, dass mein Tod ein Ende ist –
    es ist der Anfang eines langen Weges zur Freiheit.
    Ich bin ein Bote einer Botschaft, die die Welt erreichen soll –
    eine Welt, die ihre Augen verschließt, und jene, die über das Unrecht schweigen.

    Und wenn ihr von meinem Tod hört, weint nicht um mich.
    Ich habe mir diesen Moment lange gewünscht und Gott gebeten, ihn mir zu gewähren.
    Gelobt sei Gott, der mich für das erwählt hat, was ich liebe.

    Und zu allen, die mich im Leben mit Beleidigungen, Lügen oder Verleumdungen verletzt haben, sage ich:
    Hier gehe ich nun zu Gott, als Märtyrer – so Gott will –
    und bei Gott werden sich die Gegner wieder begegnen.

    Ich empfehle euch, an Palästina festzuhalten –
    an der Al-Aqsa-Moschee.
    Es war mein Traum, ihren Hof zu erreichen, darin zu beten, ihren Boden zu berühren.
    Wenn ich sie in dieser Welt nicht erreicht habe,
    so bitte ich Gott, dass Er uns alle dort im Paradies vereint.

    Oh Gott, nimm mich unter die Märtyrer auf, vergib mir meine früheren und späteren Sünden,
    und mach mein Blut zu einem Licht, das den Weg der Freiheit für mein Volk und meine Familie erhellt.

    Verzeiht mir, wenn ich jemals versagt habe,
    und betet für mich um Barmherzigkeit und Vergebung.
    Denn ich bin gegangen – treu dem Versprechen, ohne zu ändern oder zu wanken.

    Friede und Gottes Barmherzigkeit seien mit euch.

    Euer Bruder, der Märtyrer – so Gott will –
    Saleh Amer Fu’ad al-Ja’farawi
    12.10.2025

    Die arabische Originalform von „Das Vermächtnis Saleh al-Ja’farawis“ lautets:

    بسم الله الرحمن الرحيم
    الحمد لله رب العالمين، القائل:
    “وَلَا تَحْسَبَنَّ الَّذِينَ قُتِلُوا فِي سَبِيلِ اللَّهِ أَمْوَاتًا، بَلْ أَحْيَاءٌ عِندَ رَبِّهِمْ يُرْزَقُونَ.”
    أنا صالح.
    أترك وصيتي هذه، لا وداعًا، بل استمرارًا لطريقٍ اخترته عن يقين.
    يعلم الله أنني بذلت كل ما أملك من جهدٍ وقوة،
    لأكون سندًا وصوتًا لأبناء شعبي،
    عشتُ الألم والقهر بكل تفاصيله،
    وذُقت الوجع وفقد الأحبة مرارًا،
    ورغم ذلك لم أتوانَ يومًا عن نقل الحقيقة كما هي،
    الحقيقة التي ستبقى حجة على كل من تخاذل وصمت
    وأيضا شرف لكل من نصر ودعم ووقف
    مع أشرف الرجال وأعز الناس وأكرمهم أهل غزة
    إن استشهدت،
    فاعلموا أنني لم أغب…
    أنا الآن في الجنة،
    مع رفاقي الذين سبقوني؛
    مع أنس،
    وإسماعيل،
    وكل الأحبة الذين صدقوا ما عاهدوا الله عليه.
    أوصيكم أن تذكروني في دعائكم،
    وأن تُكملوا المسير من بعدي.
    تذكروني بصدقاتٍ جارية،
    واذكروني كلما سمعتم الأذان
    أو رأيتم النور يشقّ ليل غزة.
    أوصيكم بالمقاومة…
    بالطريق الذي سرنا عليه،
    وبالنهج الذي آمنا به.
    فما عرفنا لأنفسنا طريقًا غيره،
    ولا وجدنا معنى للحياة إلا في الثبات عليه.
    اوصيكم بأبي ..
    حبيب قلبي وقدوتي،
    من كنت أرى نفسي فيه ويرى نفسه في ..
    يا من رافقتني وقت الحرب بكل ما فيها ..
    أسأل الله أن نلتقي في الجنان
    وأنت راض عني يا تاج رأسي
    اوصيكم بأخي ومعلمي ورفيق دربي ناجي،
    يا ناجي…
    قد سبقتُك إلى الله قبل أن تخرج من السجن،
    فاعلم أن هذا قَدَرٌ كتبه الله،
    وأن الشوق إليك يسكنني،
    كنت أتمنى أن أراك،
    أن أضمّك،
    أن نلتقي،
    لكن وعد الله حق،
    ولقاؤنا في الجنة أقرب مما تظن.
    اوصيكم بأمي…
    يا أمي،
    الحياة بدونك لا شيء.
    كنتِ الدعاء الذي لا ينقطع،
    والأمنية التي لا تموت.
    دعوتُ الله أن يشفيك ويعافيك،
    وكم حلمت أن أراكِ تسافرين للعلاج،
    وتعودين مبتسمة.
    اوصيكم بإخوتي وأخواتي،
    رضا الله ثم رضاكم غايتي،
    أسأل الله أن يسعدكم،
    وأن يجعل حياتكم طيبة كقلوبكم الرقيقة
    التي طالما حاولت ان اكون مصدر سعادةٍ لها.
    كنتُ أقول دومًا:
    لا تسقط الكلمة،
    ولا تسقط الصورة.
    الكلمة أمانة،
    والصورة رسالة،
    احملوها للعالم كما حملناها نحن.
    لا تظنوا أن استشهادي نهاية،
    بل هو بداية لطريقٍ طويلٍ نحو الحرية.
    أنا رسول رسالةٍ أردت أن تصل إلى العالم —
    إلى العالم المغمض عينيه،
    وإلى الصامتين عن الحق.
    وإن سمعتم بخبري،
    فلا تبكوا عليّ.
    لقد تمنّيتُ هذه اللحظة طويلًا،
    وسألت الله أن يرزقني إياها.
    فالحمد لله الذي اختارني لما أحب.
    ولكل من أساء إلي في حياتي شتماً أو قذفاً كذباً وبهتاناً،
    أقول لكم:
    ها أنا أرحل إلى الله شهيدا بإذن الله،
    وعند الله تجتمع الخصوم.
    أوصيكم بفلسطين…
    بالمسجد الأقصى…
    كانت أمنيتي أن أصل فناءه،
    أن أُصلّي فيه،
    أن ألمس ترابه.
    فإن لم أصل إليه في الدنيا،
    فأسأل الله أن يجمعنا جميعًا عنده في جنات الخلد.
    اللهم تقبّلني في الشهداء،
    واغفر لي ما تقدّم من ذنبي وما تأخّر،
    واجعل دمي نورًا يُضيء درب الحرية لشعبي وأهلي.
    سامحوني إن قصّرت،
    وادعوا لي بالرحمة والمغفرة،
    فإني مضيتُ على العهد،
    ولم أُغيّر ولم أُبدّل.
    والسلام عليكم ورحمة الله وبركاته.
    
  • Palantir: Überwachung, Rassismus und Genozid

    Palantir: Überwachung, Rassismus und Genozid

    Die Einführung von Palantir in Baden-Württemberg ist kein neutrales IT-Projekt: Das Unternehmen ist in Israels Krieg gegen Gaza und in US-Migrations-/Protestrepression eingebunden, während seine Software voreingenommene Polizeidaten verknüpfen und Diskriminierung automatisieren kann—besonders gefährlich bei Rechtsruck. Testbetrieb ab Ende 2025, Vollbetrieb im 2. Quartal 2026. Die Zeit läuft.

    Hintergrund

    In Baden-Württemberg wird die Polizei künftig die Datenanalyse-Software des US-Unternehmens Palantir einsetzen. Das Projekt mit dem Namen VeRA (Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform) kombiniert Gotham mit einer eingeschränkten Version von Foundry. Der Vertrag hat eine Laufzeit von fünf Jahren und ein Volumen von rund 25 Millionen Euro. Ziel ist es, bislang getrennte polizeiliche Datenbanken in einer einheitlichen Recherche- und Analyseumgebung zusammenzuführen1.

    Phase 1 – Projektphase (bis Ende 2025): Koordination, Aufbau und Inbetriebnahme des Gesamtsystems; Anbindung der gesetzlich definierten Quell- und Fachsysteme; Herstellung der technischen Einsatzbereitschaft. Phase 2 – Betriebsphase (bis zum 2. Quartal 2026): Verwaltung, Wartung und Fehlerbehebung; Beginn des produktiven Einsatzes mit enger Begleitung des Systembetriebs und fortlaufenden Optimierungen bis zum stabilen Regelbetrieb2.

    Germany, on May 7, 2024 (Photo by Tobias SCHWARZ / AFP) (Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

    Rechtlich stützt sich die Einführung auf die Regelungen zur automatisierten Datenanalyse nach dem Polizeigesetz zum Zweck der Gefahrenabwehr. Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, können die dabei gewonnenen Informationen auch in Strafverfahren verwendet werden. Nach § 147 StPO besteht ein allgemeines Recht auf Akteneinsicht, das auch Daten umfasst, die durch automatisierte Analyse erhoben oder ausgewertet wurden3.

    Das Maßnahmenpaket4 sowie die Pressemitteilung vom 24. September 2024 („Umfassendes Sicherheitspaket beschlossen“5) legen die Leitlinien von „Sicherheit stärken, Migration ordnen, Radikalisierung vorbeugen“ fest – und verankern Palantirs System (Gotham/Foundry) bzw. VeRA als zentrale Bausteine dieser Strategie. Damit wird die polizeiliche Datenintegration politisch priorisiert, rechtlich gerahmt und zeitlich terminiert (Testbetrieb Ende 2025, Vollbetrieb im 2. Quartal 2026). Das Paket ist daher zentral, um die Reichweite, Legitimation und Beschleunigung der Einführung zu verstehen.

    Gleichzeitig ruft die Einführung des Systems erhebliche Bedenken hervor. Kritiker*innen warnen vor der möglichen Legitimierung und Normalisierung polizeilicher Gewalt, der Verstärkung rassistischer Polizeipraktiken und Racial Profiling, der gezielten Überwachung von Asylsuchenden und Migrant*innen, der Ausweitung staatlicher Kontrolle über soziale Medien und digitale Räume sowie der Unterdrückung politischer Meinungsäußerung – insbesondere der Solidarität mit Palästina. Dies birgt die Gefahr einer allgemeinen Einschüchterung und Einschränkung von Dissens.

    Der folgende Abschnitt untersucht die Tragweite und Berechtigung der gennanten Befürchtungen.


    Über Palantir

    CHINA – 2024/06/21: (Photo Illustration by Budrul Chukrut/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)

    Palantir ist ein US-amerikanisches Überwachungs- und „Defense-Tech“-Unternehmen, das vom Tech-Milliardär Peter Thiel mitbegründet und in seiner Anfangsphase vom CIA-Risikokapitalfonds In-Q-Tel finanziert wurde6. Das Unternehmen entwickelt Software zur Integration und Analyse großer Datenmengen, die von Nachrichtendiensten, Militärbehörden sowie US-Strafverfolgungs- und Einwanderungsbehörden ebenso genutzt wird wie von israelischen Militär- und Geheimdienststellen7.

    Palantir8 9ist ein äußerst undurchsichtiges Unternehmen; aus öffentlich zugänglichen Materialien lässt sich nur schwer erkennen, was seine Systeme konkret leisten oder zu welchem Zweck sie eingesetzt werden. Eines wird jedoch aus der eigenen Vermarktung deutlich: Palantir bewegt sich klar im Umfeld von Verteidigung und Geheimdiensten. Gotham wird in der Sprache von Waffen, Schlachtfeldern, Zielerfassung und Kommandoeinsatz beworben, während Foundry als die datenbasierte Grundlage dargestellt wird, die solche Operationen ermöglicht. Beide Systeme bilden die zentralen Bausteine des VeRA-Systems, das – wie zuvor beschrieben – von der Polizei in Baden-Württemberg eingesetzt werden soll.

    Im Jahr 2020 kam Amnesty International zu dem Schluss, dass Palantir seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gemäß den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) nicht nachkommt. Diese Prinzipien verpflichten Unternehmen dazu, die Menschenrechte in allen Geschäftsbereichen und Wertschöpfungsketten zu achten, und fordern von Staaten, verbindliche Regeln zu schaffen und deren Einhaltung – insbesondere bei öffentlichen Aufträgen – sicherzustellen10.


    Komplizenschaft im Genozid

    GAZA CITY, GAZA – SEPTEMBER 14: (Photo by Hassan Jedi/Anadolu via Getty Images)

    Nach dem Beginn des genozidalen Krieges Israels gegen Gaza im Oktober 2023 schloss Palantir eine „strategische Partnerschaft“ mit dem israelischen Verteidigungsministerium, um die Kriegsführung zu unterstützen, und berichtete anschließend von einer „stark gestiegenen Nachfrage Israels nach neuen Werkzeugen“. Seitdem liefert das Unternehmen Gotham und Foundry – dieselben Systeme, die auch in Baden-Württemberg eingesetzt werden sollen.

    Palantir steht auf der BDS-Desinvestitionsliste, was die anhaltenden zivilgesellschaftlichen Bedenken hinsichtlich seiner Verstrickung in Menschenrechtsverletzungen widerspiegelt11.

    Der UN-Bericht „From Economy of Occupation to Economy of Genocide“12 führt Palantir unter den am Völkermord beteiligten Unternehmen auf. Es bestehen demnach begründete Anhaltspunkte, dass Palantir

    • automatisierte Predictive-Policing-Technologien,
    • zentrale Verteidigungsinfrastruktur für den schnellen und großflächigen Einsatz militärischer Software, sowie
    • eine KI-Plattform zur Integration von Echtzeit-Schlachtfelddaten für automatisierte Entscheidungsprozesse bereitgestellt hat.

    Palantir-CEO Alex Karp erklärte als Reaktion auf den Vorwurf, dass Palantirs Systeme zum Töten von Palästinenser*innen in Gaza beigetragen hätten: „Meistens Terroristen, das stimmt.“ Diese Äußerung verdeutlicht eine bewusste Kenntnis und Billigung auf Führungsebene im Hinblick auf den rechtswidrigen Einsatz von Gewalt durch Israel sowie das unterlassene Handeln, um sich von diesen Verbrechen zu distanzieren13.


    Rassismus

    BERLIN, GERMANY – MAY 11: (Photo by Maryam Majd/Getty Images)

    Das Maßnahmenpaket „Sicherheit stärken, Migration ordnen, Radikalisierung vorbeugen“ 14 stellt Migrant*innen und „gefährliche Ausländer“ als Sicherheitsrisiko dar. Wird dieses Framing mit Palantirs Software verbunden, führt es zu einer stärkeren Erfassung, Verknüpfung und Nutzung polizeilicher Daten über rassifizierte Gruppen.

    Palantirs Software kann Personen erfassen, ohne dass sie etwas getan haben: ein Zeugenbericht, eine Routinekontrolle am Bahnhof oder die bloße Nähe zu einer gesuchten Person können ausreichen, um im System zu erscheinen. Datenschutzexpert*innen warnen, dass ein bundesweiter Einsatz große Gruppen unbeteiligter Menschen zusätzlichen Kontrollen und Maßnahmen aussetzen würde15. Mit dem Erstarken der AfD besteht die Gefahr, dass solche Systeme zur Abschiebung oder breiten Migrationsüberwachung genutzt werden – ähnlich wie in den USA unter Trump16.

    Dies trifft auf eine bereits bestehende Realität rassistischer Polizeigewalt in Deutschland. Angehörige, Überlebende und migrantische Communities machen seit Jahrzehnten auf diese Gewalt aufmerksam. Fälle wie Lorenz A., der in Oldenburg von der Polizei erschossen wurde, und Nelson, der mit 15 Jahren in der Justizvollzugsanstalt Ottweiler starb, zeigen, dass Schwarze Menschen und andere rassifizierte Gruppen durch staatliches Handeln besonders gefährdet sind. Ihre Familien fordern Aufklärung und Verantwortung17.

    Zwischen 1990 und 2022 hat die ISD gemeinsam in der Kampagne Death in Custody recherchiert und dokumentiert: Mindestens 203 Menschen starben in Deutschland in polizeilichem oder justiziellem Gewahrsam18.

    Die Integration von Palantir in diese Praxis übernimmt die bereits in polizeilichen Datensätzen vorhandenen Verzerrungen durch Racial Profiling. Automatisierte Analysen verbreiten diese Vorurteile weiter über verknüpfte Systeme. So entsteht ein Kreislauf: voreingenommene Daten führen zu erweiterten Verdächtigungen. Ohne klare Grenzen, unabhängige Kontrolle und Transparenz wird VeRA den Umfang diskriminierender Polizeiarbeit und das Risiko von Polizeigewalt vergrößern.


    Migrationspolitik

    TOPSHOT – View into rooms in lightweight construction where clothes are hung up at the refugee accomodation at the former Tempelhof airport in Berlin on December 9, 2015. (Photo by TOBIAS SCHWARZ / AFP) (Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

    Laut dem Maßnahmenpaket19 wird die geplante Einführung von Palantir-Software in VeRA ausdrücklich als ein Frühinterventionsinstrument dargestellt, das „kriminellen Karrieren“ unter ausländischen Staatsangehörigen vorbeugen und den Aufenthalt straffälliger Ausländer so früh wie möglich beenden soll. Diese Fallbearbeitungseinheit soll unterhalb des Sonderstabs Gefährliche Ausländer angesiedelt werden und damit den Fokus auf ausländische Straftäter*innen in aufenthaltsbeendenden Verfahren weiter verstärken20.

    Die Formulierungen des Dokuments – insbesondere die Verknüpfung von VeRA mit der Bekämpfung „zunehmenden islamistischen Terrorismus“ und „gefährlicher Zuwanderung“ – spiegeln dabei deutlich US-amerikanische Sicherheits- und Migrationsnarrative wider.

    Angesichts dieser Zielsetzungen ist ein Vergleich mit den Vereinigten Staaten naheliegend. Palantir-gestützte Systeme stehen dort seit Langem in der Kritik wegen ihrer Rolle bei der Durchsetzung von Einwanderungsgesetzen, insbesondere an der US-mexikanischen Grenze. Auf Grundlage von Unterlagen des Department of Homeland Security sowie Beschaffungs- und Datenschutzdokumenten zeigt Amnesty International, dass KI-gestützte Systeme – darunter auch Palantir-Technologien – eine permanente, großflächige Überwachung und Risikobewertung ermöglichen, die sich häufig gezielt gegen Nicht-US-Bürger*innen richtet21.

    Darüber hinaus dokumentiert Amnesty, dass diese Systeme zur Überwachung und Nachverfolgung von Migrant*innen, Geflüchteten und Asylsuchenden eingesetzt werden und ein hohes Risiko bergen, in Programmen wie „Catch and Revoke“ verwendet zu werden. Frühere Untersuchungen belegen zudem den Einsatz von Palantir-Systemen durch die US-Einwanderungsbehörde ICE zur Umsetzung menschenrechtswidriger Maßnahmen gegen Migrant*innen und Asylsuchende – ein Beispiel für das erhebliche Risiko, dass Palantirs Technologie zur Ermöglichung von Menschenrechtsverletzungen beiträgt22.


    Palästinasolidarität

    LONDON, ENGLAND – DECEMBER 21:(Photo by Guy Smallman/Getty Images)

    Die im Maßnahmenpaket23 geplante Desinformationsdimension ist besonders beunruhigend: Angesichts der systematischen Leugnung der Fakten über Gaza, der Normalisierung von Handlungen Israels, die einen Völkermord darstellen, und der anhaltenden Weigerung der deutschen Regierung, ihren verfassungsrechtlichen und historischen Verpflichtungen nachzukommen – Mitverantwortung zu beenden und wirksame Schritte zum Schutz der Zivilbevölkerung zu ergreifen – stellt sich die Frage, wer die Wahrheit kontrolliert. Wie Humpty Dumpty in Through the Looking-Glass formuliert: Wörter bedeuten, was diejenigen in Machtpositionen bestimmen – „wer der Meister ist“.

    „Wenn ich ein Wort benutze“, sagte Humpty Dumpty in einem ziemlich verächtlichen Ton, „dann bedeutet es genau das, was ich will – nicht mehr und nicht weniger.“
    „Die Frage ist“, sagte Alice, „ob man Worte so viele verschiedene Dinge bedeuten lassen kann.“
    „Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer der Meister ist – das ist alles.“

    In den Vereinigten Staaten hat sich der Einsatz von Palantir-Software bereits mit der Repression gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung überschnitten. Am 8. März 2025 verhafteten die Behörden rechtswidrig Mahmoud Khalil, einen ehemaligen Doktoranden der Columbia University und ständigen US-Residenten, der als Sprecher der Campusproteste fungiert hatte; Präsident Trump erklärte, dies sei „die erste von vielen Verhaftungen“. Kurz darauf wurden Visa oder Aufenthaltsgenehmigungen von neun ausländischen Studierenden widerrufen, die an Protesten teilgenommen oder sich gegen Israels Handeln in Gaza ausgesprochen hatten; weitere Fälle dokumentierte Amnesty International24.

    Vor diesem Hintergrund – polizeiliche Gewalt bei Demonstrationen und pauschale Antisemitismusvorwürfe gegen die Bewegung in Deutschland – bergen erweiterte Datenfusionswerkzeuge erhebliche Risiken. Eine solche Semantik staatlicher Deutungshoheit zeigt sich bereits in Veröffentlichungen des Bundesamts für Verfassungsschutz, das Palästina-Solidarität pauschal in den Kontext „dogmatischen Linksextremismus“ rückt und damit den Boden für Überwachung und Kriminalisierung bereitet25.

    Ein System, das Erfassung, Querverknüpfung und automatisierte Auswertung zentralisiert, kann unter dem Etikett „öffentliche Sicherheit“ zur Überwachung, Einschüchterung und Kriminalisierung von Dissens eingesetzt werden und semantische Kämpfe um Bedeutung in operative Kategorien staatlicher Repression übersetzen.


    Schlussfolgerung

    (Photo by Odd ANDERSEN / AFP) (Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

    Die Einführung von Palantir und VeRA in Baden-Württemberg steht nicht isoliert, sondern in einem größeren politischen und historischen Zusammenhang. Das Unternehmen ist direkt in militärische und sicherheitspolitische Operationen verwickelt, die in Gaza zu Kriegsverbrechen und Völkermord beigetragen haben. Seine Technologie wurde in den USA eingesetzt, um Migrant*innen zu überwachen, abzuschieben und Proteste gegen Israels Politik zu unterdrücken. Diese Erfahrungen zeigen, dass solche Systeme nicht neutral sind – sie dienen der Kontrolle, nicht dem Schutz.

    In Deutschland trifft Palantirs Technologie auf eine politische Landschaft, in der Palästina-Solidarität kriminalisiert, Migration sicherheitspolitisch behandelt und rassistische Polizeipraxis seit Jahrzehnten ignoriert oder geleugnet wird. Das Maßnahmenpaket „Sicherheit stärken, Migration ordnen, Radikalisierung vorbeugen“ setzt diese Logik fort: es verschiebt gesellschaftliche Konflikte in den Bereich von „Sicherheit“ und schafft die technischen Grundlagen für Überwachung, Selektion und Ausschluss.

    Palantir Software verbindet diese Ebenen – Kriegstechnologie, Migrationskontrolle und innere Repression – zu einem einheitlichen Überwachungsinstrument. Es institutionalisiert ein Denken, in dem soziale Probleme als Risiken erscheinen, Dissens als Bedrohung und ganze Bevölkerungsgruppen als potenziell gefährlich. In Kombination mit bestehenden Datensätzen, rassistischen Polizeistrukturen und dem politischen Klima der Angst entsteht ein Apparat, der Diskriminierung nicht abbaut, sondern automatisiert.

    Die Einführung von Palantir in die deutsche Polizeiarbeit ist daher kein bloßer technischer Schritt, sondern ein politischer. Sie markiert eine Verschiebung – weg von Rechtsstaatlichkeit und öffentlicher Rechenschaft, hin zu algorithmischer Kontrolle und selektiver Sicherheit. Eine demokratische Gesellschaft kann sich solche Systeme nur leisten, wenn sie bereit ist, sich selbst in Daten zu zerlegen. Wer das zulässt, überlässt die Deutung der Wirklichkeit – und damit die Macht – jenen, „die die Wörter beherrschen“.


    Was tun?

    Wir nehmen die Straße. Wir stehen dagegen.

    Schließ dich uns an. Lasst uns von unten eine Bewegung aufbauen.

    Gemeinsam, solidarisch, organisiert – vereint sind wir nicht zu besiegen.

    Unterzeichne die Petition: Trump-Software Palantir: Über­wa­chungs­pläne stoppen.


    Weiter Lesen


    Referenzen

    1. Landtag von Baden-Württemberg. Drucksache 17/9329 ↩︎
    2. Landtag von Baden-Württemberg. Drucksache 17/9382 ↩︎
    3. ebd. ↩︎
    4. Baden-Württemberg Staatsministerium. Maßnahmenpaket „Sicherheit stärken, Migration ordnen, Radikalisierung vorbeugen“ ↩︎
    5. Baden-Württemberg Staatsministerium. Umfassendes Sicherheitspaket beschlossen ↩︎
    6. Campact. Drei Gründe gegen Palantir in Baden-Württemberg ↩︎
    7. Investigate. Palantir Technologies Inc ↩︎
    8. Palantir. Gotham ↩︎
    9. Palantir. Foundry ↩︎
    10. Amesty International. USA: Behörden setzen Software von Palantir und Babel Street gegen Demonstrierende und Migrant*innen ein ↩︎
    11. Investigate. Palantir Technologies Inc ↩︎
    12. A/HRC/59/23: From economy of occupation to economy of genocide – Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in the Palestinian territories occupied since 1967 ↩︎
    13. ebd. ↩︎
    14. Baden-Württemberg Staatsministerium. Maßnahmenpaket „Sicherheit stärken, Migration ordnen, Radikalisierung vorbeugen“ ↩︎
    15. Campact. Drei Gründe gegen Palantir in Baden-Württemberg ↩︎
    16. ebd. ↩︎
    17. Amnesty International. Rassistische Polizeigewalt in Deutschland: Realität, Kontinuität und Widerstand ↩︎
    18. ISD. Pressemitteilung: Gerechtigkeit für Nelson! ↩︎
    19. Amnesty International. Rassistische Polizeigewalt in Deutschland: Realität, Kontinuität und Widerstand ↩︎
    20. ebd. ↩︎
    21. Amesty International. USA: Behörden setzen Software von Palantir und Babel Street gegen Demonstrierende und Migrant*innen ein ↩︎
    22. ebd. ↩︎
    23. Baden-Württemberg Staatsministerium. Maßnahmenpaket „Sicherheit stärken, Migration ordnen, Radikalisierung vorbeugen“ ↩︎
    24. Amesty International. USA: Behörden setzen Software von Palantir und Babel Street gegen Demonstrierende und Migrant*innen ein ↩︎
    25. Bundesamt für Verfassungschutz. Palästinasolidarität im dogmatischen Linksextremismus. ↩︎
  • Anas Al-Sharif – Gedenken 10.8.25

    Anas Al-Sharif – Gedenken 10.8.25

    Anas Jamal Mahmoud Al-Sharif (1996–2025) war ein palästinensischer Journalist und Korrespondent von Al Jazeera Arabic, bekannt für seine furchtlose Berichterstattung aus dem nördlichen Gazastreifen während des Krieges.

    Monatelang wurde er von der israelischen Armee bedroht, ohne Beweise als „Hamas“ verleumdet und zur Zielscheibe für eine gezielte Tötung gemacht. Anas weigerte sich, den Norden zu verlassen – selbst nachdem sein Vater bei einem israelischen Luftangriff getötet worden war – fest entschlossen, weiterhin die Realität Gazas zu dokumentieren.

    Am 10. August 2025 bombardierte Israel ein Zelt vor dem Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt und tötete Anas sowie vier weitere Journalisten: Mohammed Qreiqeh, Ibrahim Zaher, Mohammed Noufal und Moamen Aliwa. Al Jazeera bezeichnete dies als „geplante Ermordung“, um die letzten Stimmen aus Gaza zum Schweigen zu bringen.

    Zum Zeitpunkt seiner Tötung hatte Israel bereits über 200 Journalisten im Gazastreifen getötet. Anas war „der letzte überlebende Journalist von Al Jazeera im nördlichen Gazastreifen“.

    Anas lebte und starb, um der Welt zu zeigen, was Israel zu verbergen versucht. Wir erinnern uns an ihn – und wir werden nicht schweigen.

    Letzter Wille und letzte Botschaft

    Dies ist mein Wille und meine letzte Botschaft.
    Wenn euch diese Worte erreichen, dann wisst, dass Israel es geschafft hat, mich zu töten und meine Stimme zum Schweigen zu bringen.
    Friede sei mit euch und Gottes Barmherzigkeit und Segen.

    Gott weiß, dass ich all meine Kraft und Mühe gegeben habe, um eine Stütze und eine Stimme für mein Volk zu sein – seit ich im Flüchtlingslager Jabalia in den engen Gassen und Straßen meine Augen zum Leben öffnete. Meine Hoffnung war, dass Gott mir ein langes Leben schenkt, damit ich mit meiner Familie und meinen Liebsten in unsere ursprüngliche Stadt zurückkehren kann – in das besetzte Aschkelon (al-Majdal). Aber Gottes Wille kam zuerst, und sein Beschluss wurde vollzogen.

    Ich habe den Schmerz in all seinen Einzelheiten gelebt. Ich habe Kummer und Verlust immer wieder gekostet. Dennoch habe ich nie gezögert, die Wahrheit so zu übermitteln, wie sie ist – ohne Verfälschung oder Verzerrung. In der Hoffnung, dass Gott Zeugnis ablegt gegen jene, die geschwiegen haben, gegen jene, die unsere Tötung akzeptiert haben, die uns den Atem abgeschnitten haben, deren Herzen unberührt blieben von den zerfetzten Körpern unserer Kinder und Frauen, und die das Massaker, dem unser Volk seit über eineinhalb Jahren ausgesetzt ist, nicht gestoppt haben.

    Ich vertraue euch Palästina an – das Juwel in der Krone der Muslime und den Herzschlag jedes freien Menschen auf dieser Welt. Ich vertraue euch sein Volk an und seine unterdrückten kleinen Kinder, denen die Jahre nicht gegönnt waren, um zu träumen und in Sicherheit und Frieden zu leben. Ihre reinen Körper wurden von Tausenden Tonnen israelischer Bomben und Raketen zerschmettert, auseinandergerissen, ihre Überreste an den Wänden verstreut.

    Ich ermahne euch, euch nicht durch Ketten zum Schweigen bringen oder durch Grenzen aufhalten zu lassen. Seid Brücken zur Befreiung des Landes und seiner Menschen, bis die Sonne der Würde und der Freiheit über unserem geraubten Land aufgeht.

    Ich vertraue euch meine Familie an.
    Ich vertraue euch den Augapfel meines Lebens an – meine geliebte Tochter Sham, die ich nicht aufwachsen sehen durfte, wie ich es mir erträumt hatte.
    Ich vertraue euch meinen geliebten Sohn Salah an, dem ich beistehen und zur Seite gehen wollte, bis er stark genug ist, meine Last zu tragen und die Botschaft fortzusetzen.
    Ich vertraue euch meine geliebte Mutter an, deren gesegnete Gebete mich dorthin gebracht haben, wo ich heute bin, deren Bittgebete meine Festung waren und deren Licht meinen Weg erhellte. Ich bete zu Gott, dass Er ihr Herz stärkt und sie für mich reichlich belohnt.

    Ich vertraue euch auch meine Lebensgefährtin an – meine geliebte Ehefrau Umm Salah, Bayan – von der mich der Krieg für lange Tage und Monate getrennt hat. Sie blieb standhaft wie der Stamm eines Olivenbaums, der sich nicht beugt. Geduldig und im Vertrauen auf Gott hat sie die Verantwortung in meiner Abwesenheit mit Kraft und Glauben getragen.

    Steht ihnen bei, seid ihnen eine Stütze – nach Gott, dem Allmächtigen.

    Wenn ich sterbe, dann sterbe ich fest auf meinem Prinzip. Ich rufe Gott zum Zeugen, dass ich mit Seinem Beschluss zufrieden bin, überzeugt von der Begegnung mit Ihm und gewiss, dass das, was bei Gott ist, besser und ewig währt.

    O Gott, nimm mich unter den Märtyrern an, vergib mir meine vergangenen und zukünftigen Sünden, und mache mein Blut zu einem Licht, das den Weg der Freiheit für mein Volk und meine Familie erhellt.

    Vergebt mir, wenn ich versagt habe, und bittet für mich um Barmherzigkeit. Denn ich bin dem Bund treu geblieben, ich habe nicht geändert und nicht verraten.

    Vergesst Gaza nicht…
    Und vergesst mich nicht in euren aufrichtigen Gebeten um Vergebung und Annahme.

    Anas Jamal Al-Sharif
    06. April 2025

    Dies ist, was unser geliebter Anas zur Veröffentlichung bei seinem Märtyrertod bestimmt hat.
    — Seitenteam

    Quellen