Israel hat in Gaza Völkermord begangen, und Deutschland ist mitschuldig. In einem jüngsten Vortrag zeichnete Dr. Shir Hever die materiellen Verflechtungen nach, die die deutsche Wirtschaft an die israelische Kriegsmaschinerie binden. Im Mittelpunkt standen vier zentrale Akteure: Rheinmetall, TU München, Deutsche Bank und Heidelberg Materials. Zudem hob er die Rolle von Palantir hervor, das Massenüberwachung, Repression und damit Gewalt ermöglicht.
Die deutsche Mitverantwortung reicht weit über diese Beispiele hinaus. Sie durchzieht die gesamte Ökonomie: von gewerkschaftlichen Beziehungen zur Histadrut, über zivile Firmen wie JobRad, die lockere Partnerschaften mit Rüstungsunternehmen wie Elbit Systems pflegen, bis hin zu Forschung an der TU München, die in militärische Anwendungen einfließt und schließlich von Israel eingesetzt wird. Es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern um Bausteine einer systemischen Unterstützungsstruktur.
Entscheidend, so Dr. Hever, beruhen diese Beziehungen auf einer Wette: dass Israel auf absehbare Zeit ein „stabiler“ Schuldner und Ordnungsmacht bleibt. Doch Völkermord lässt sich nicht „normalisieren“. Selbst wenn die deutsche Industrie den Schein des business as usual wahrt, kann diese Fassade nur begrenzte Zeit halten. Sobald Zweifel an Israels Fähigkeit aufkommen, seine wachsenden Verpflichtungen zu bedienen—sobald Investor:innen das Fundament dieser gesamten Konstruktion in Frage stellen—wird die Fassade bröckeln.
Im Folgenden fassen wir die Kernargumente Dr. Hevers zusammen und ergänzen sie, wo sinnvoll, um Kontext. Unsere Hauptquellen sind der UN-Bericht „From Economy of Occupation to Economy of Genocide“, Recherchen von Investigate sowie die Ausführungen von Dr. Shir Hever.
- Rheinmetall
- Deutsche Bank
- Allianz
- Heidelberg Materials AG
- Technische Universität München
- Palantir
- Schlusswort
- Mehr Erfahren
Rheinmetall

Rheinmetall liefert Israel 120-mm-Präzisions-Panzergranaten, die im Bodenangriff auf Gaza umfassend eingesetzt wurden. Im November 2023 stellte Israel eine dringende Anfrage über 10.000 dieser Granaten aus Rheinmetall-Produktion. Das Unternehmen stellt zudem 155-mm-Artilleriegeschosse her, die ebenfalls zur Standardbewaffnung der israelischen Armee gehören. Menschenrechtsorganisationen dokumentierten den Einsatz von 155-mm-Granaten – darunter auch Weißphosphormunition – durch das israelische Militär in zivilen Gebieten im Gazastreifen. Die Waffen- und Munitionsverkäufe von Rheinmetall stiegen im Jahr 2024 um 58 % auf 3,26 Milliarden US-Dollar; der Gesamtumsatz des Unternehmens erreichte 11,4 Milliarden US-Dollar.
Die israelischen Streitkräfte setzten massive Artilleriebeschüsse ein, um ganze Stadtviertel dem Erdboden gleichzumachen, gefolgt von gezielter Flächenräumung zur Beseitigung von Spuren möglicher Kriegsverbrechen. Satellitenbilder und Feldberichte zeigen, dass Bodenoberflächen abgetragen, Trümmer zerstört und an unbekannte Orte verbracht wurden – wodurch forensische Beweise wie Granatsplitter, Seriennummern, Leichen und Explosionsmuster beseitigt wurden. Diese Praxis erschwert die Rückverfolgbarkeit von Rheinmetall-Munition erheblich und stellt eine Verletzung des humanitären Völkerrechts dar, einschließlich der Verpflichtung durch den Internationalen Gerichtshof, Beweise zu sichern und Völkermord zu verhindern.
Rheinmetall erhielt über 133 Millionen Euro aus dem EU-Programm „Act in Support of Ammunition Production“ (ASAP) sowie mehr als 36 Millionen Euro aus dem Europäischen Verteidigungsfonds (EDF). Von den 229 Millionen Euro, die unter ASAP vergeben wurden, entfiel fast die Hälfte auf Genehmigungen nach dem 7. Oktober 2023. Zudem kooperiert Rheinmetall mit dem israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems bei der gemeinsamen Produktion von Haubitzen. Diese EU-Subventionen – vergeben während eines laufenden Genozids – finanzieren unmittelbar Waffen, die in Gaza eingesetzt werden, und machen sowohl Rheinmetall als auch die Europäische Union mitverantwortlich für internationale Verbrechen.
Mehr erfahren: Forensic Architecture, Euro Monitor, Transnational Institute
Deutsche Bank

The Israeli government’s stated intent to use proceeds from its sovereign bonds to facilitate the assault on Gaza places underwriters and investors at serious risk of failing to uphold their human rights responsibilities. In June 2024, UN experts calling for a full arms embargo warned that companies and financial institutions supporting Israel’s military offensive may face repercussions for complicity in grave violations of international human rights and humanitarian law, possibly including genocide. Companies investing in or partnering with the Israeli government or state-owned enterprises face a particularly salient risk of aiding, abetting, facilitating, or otherwise contributing to genocide and other IHL violations. In this context, underwriting and purchasing Israeli “war bonds” can constitute direct material support and potential aiding and abetting of atrocity crimes.
Within this landscape, Deutsche Bank has played a significant role. While the Development Corporation for Israel (Israel Bonds) tripled annual bond sales to nearly $5 billion since October 2023, Deutsche Bank managed the sale of more than $2.49 billion in Israeli “war bonds” from October 2023 to January 2025.
Mehr erfahren: BankTrack, UN report
Allianz

Allianz sits at the center of the bond-financing channel via its U.S. asset-management subsidiary PIMCO, which purchased about $960 million—nearly $1 billion—in Israeli “war bonds” since October 7, 2023. Investigations indicate the 20 largest institutional investors have supplied over $2.7 billion through such bond purchases; alongside this, the Development Corporation for Israel (Israel Bonds) has tripled annual sales to nearly $5 billion, even offering investors the option to direct returns to charities supporting the Israeli military and colonies.
Beyond sovereign bonds, Allianz holds $469 million in private defense companies and is the only financial services provider invested in all 15 arms manufacturers documented as supplying weapons to the Israeli occupation and apartheid system—including Elbit Systems, Rheinmetall, Leonardo, Airbus, BAE Systems, General Dynamics, and Lockheed Martin—and nearly doubled these investments in 2024, during the Gaza genocide.
Mehr erfahren: BankTrack, UN report, Keine Allianz mit Völkermord
Heidelberg Materials AG

Heidelberg Materials AG, via its subsidiary Hanson Israel, has contributed to the pillage of millions of tons of dolomite from the Nahal Raba quarry on land seized from Palestinian villages in the West Bank. In 2018, Hanson Israel won a public tender to supply materials from that quarry for colony (settlement) construction and has since nearly exhausted the site, prompting ongoing expansion requests. The extracted resources exclusively benefit the Israeli population and construction industry—including Israeli settlement building in the occupied territories—and such settlement of Israeli civilians in occupied territory violates international law.
Mehr erfahren: UN report, End Cement
Technische Universität München

Die Technische Universität München (TUM) ist eine große Empfängerin von EU-Horizon-Mitteln – insgesamt 198,5 Mio. €, darunter 11,47 Mio. € für 22 Kooperationen mit israelischen Partnern, darunter Militär- und Tech-Firmen. TUM und Israel Aerospace Industries (IAI) erhalten 792.795,75 € zur gemeinsamen Entwicklung von grünem Wasserstoff-Tanken – einer Technologie, die für die militärischen Drohnen von IAI, die in Gaza eingesetzt werden, relevant ist. Außerdem arbeitet TUM mit IBM Israel – dem Betreiber des diskriminierenden israelischen Bevölkerungsregisters – an Cloud- und KI-Systemen zusammen, als Teil der 7,75 Mio. €, die IBM Israel aus Horizon-Mitteln erhält.
Darüber hinaus kooperiert TUM in einem 10,76-Mio.-€-Projekt für „nahtlose geteilte urbane Mobilität“, an dem die Stadt Jerusalem beteiligt ist – eine Stadt, die die Annexion durch Verkehrsprojekte aktiv verfestigt.
Mehr erfahren: UN report
Palantir

Kurz nach Beginn von Israels genozidalem Krieg gegen Gaza im Oktober 2023 ging Palantir eine strategische Partnerschaft mit dem israelischen Verteidigungsministerium ein, meldete hohe Nachfrage nach neuen Tools und liefert seither mindestens vier Kernprodukte: Gotham (Datenfusion und Einsatzsteuerung für Militär/Geheimdienste/Polizei), Foundry (Planung und Logistik), GAIA (Echtzeit-Geodaten) und AIP (eine KI-Befehlsebene mit natürlicher Sprache). Palantir ist das einzige Unternehmen, das öffentlich bestätigt hat, KI für das israelische Verteidigungsministerium bereitzustellen.
Untersuchungen beschreiben eine KI-„Kill-Chain“ (Tötungskette) um Tools mit glaubwürdigen Codenamen Lavender, Where’s Daddy und Gospel, die Palantirs Fähigkeiten entsprechen. Lavender weist Personen einen 0–100-„Kämpfer“-Score zu und erzeugte Berichten zufolge einen Pool von ≈40.000 Zielpersonen; für jede als „Junior-Operative“ markierte Person wurden Angriffe mit bis zu 15–20 zivilen Opfern erlaubt, bei höheren Rängen 100+ zivile Opfer in einzelnen gezielten Tötungen. Where’s Daddy verfolgt markierte Personen, um sie in ihren Familienwohnungen zu treffen. Gospel markiert Gebäude und Infrastruktur, während Lavender Personen markiert – zusammen ein Person-plus-Infrastruktur-Zielsystem.
In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen setzt die Polizei bereits Palantir-Software ein; in Baden-Württemberg ist eine weitere Einführung ab 2026 geplant.
Mehr erfahren: UN report, investigate, 972mag, tadamun
Schlusswort

„Die Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet: Ist der Gewinn aus Waffengeschäften mit Israel das Risiko strafrechtlicher Verfolgung wert? Damit komme ich zu den praktischen Erwägungen. Jede Erwartung, dass Israel seine vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen von Waffengeschäften einhalten wird, beruht auf dem Glauben, Israel werde für seine Verbrechen keine Rechenschaft ablegen müssen – eine unrealistische Erwartung. Jede Erwartung, dass israelische Waffen, die spezifisch als Repressionsinstrumente gegen Zivilisten entwickelt wurden, auch für Verteidigungszwecke wirksam seien, beruht auf einer unkritischen Anfälligkeit für Israels Marketingtaktiken. Jede Erwartung, dass Israel nach der Begehung von Völkermord zur Normalität zurückkehren werde – im Gegensatz zum Milosević-Regime in Serbien, zum Hutu-Regime in Ruanda oder zum Bashir-Regime im Sudan – zeugt von einer Unfähigkeit, aus der Geschichte zu lernen.“
—Dr. Shir Hever
Was die Zukunft bringt, bleibt abzuwarten. Aber die Schwere dessen, was Israel in Gaza begangen hat, bedeutet eines mit Sicherheit: Es wird keine Rückkehr zur alten „Normalität“ geben. Wie die neue „Normalität“ aussehen wird, bleibt offen.




