tadamun – تضامن

Antifa Ist International oder Er Ist Nichts

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Am 29.11.25 folgten viele linke, Antifa- und Solidaritätsgruppen dem Aufruf von Widersetzen, gegen die Gründung der AfD-Jugend in Gießen zu protestieren. Die Demonstration wurde mit Polizeigewalt beantwortet. Dieser Beitrag argumentiert, dass der Kampf gegen den Faschismus notwendigerweise ein globaler und internationaler sein muss – sonst ist er zum Scheitern verurteilt. Er soll die Verbindungen zwischen unseren verschiedenen Kämpfen stärken und sichtbar machen, dass sie alle Teil desselben Kampfes sind.


“Sie haben diesen Nazismus geduldet, bevor er gegen sie selbst gerichtet wurde… weil er bis dahin nur auf nichteuropäische Völker angewandt worden war.”

Aimé Césaire, Über den Kolonialismus

Der Faschismus lässt sich nicht von Kolonialismus, Rassismus oder Kapitalismus trennen. In Deutschland nutzte der Faschismus dieselben Werkzeuge, die zuerst in Namibia eingesetzt wurden. Der Völkermord an den Herero und Nama ist das Modell, dem der Holocaust folgte. Der Genozid war der letzte Schritt eines faschistischen Projekts, das mit den Braunhemden begann, die jede Opposition sowie Minderheiten und Jüd:innen terrorisierten.

Wir sehen dieselbe Logik bis heute am Werk:

  • Im Sudan, wo die RSF Zivilist:innen terrorisiert, ihnen Häuser, Land und Eigentum nimmt und ein wirtschaftliches Imperium auf Gold- und Ölschmuggel sowie Menschenhandel aufgebaut hat.
  • In den USA, wo ICE Migrant:innen jagt, einsperrt und abschiebt, Menschen in Prekarität zwingt und so Superausbeutung und Niedriglöhne leichter durchsetzbar macht.
  • Im Westjordanland, wo Siedler:innen Palästinenser:innen angreifen, vertreiben und enteignen, sie durch jüdische Siedler:innen zu ersetzen versuchen und palästinensisches Land und Häuser in jüdisches Eigentum und Unternehmen verwandeln.

Wenn man die Gemeinsamkeiten zwischen diesen Bewegungen, den Nazi-Braunhemden und dem NS-Staat sieht, wird das Muster deutlich:

  1. Zuerst wird eine Gruppe als „die Anderen“ definiert.
  2. Dann werden ihr die Rechte genommen.
  3. Dann nimmt man ihr Häuser, Löhne, Land und Zukunft.

Faschist:innen beginnen damit, das Eigentum und das Leben der Schwächsten und am stärksten Ausgesetzten zu zerstören: der Menschen am Rand der Gesellschaft, der „nicht Integrierten“, Migrant:innen, rassifizierten Menschen, Armen, queeren und trans Personen, Menschen mit Behinderung, Frauen und Menschen, die nicht in die Geschlechternormen passen.

Anstatt die Kapitalist:innenklasse anzugreifen, in der der Reichtum konzentriert ist, bietet der Faschismus dem Kapitalismus seinen hässlichsten Kompromiss an: In Zeiten der Krise ordnet er das System durch rassistische Gewalt neu – eine brutale „Jede:r gegen jede:n“-Umverteilung von unten, die den am stärksten Unterdrückten Häuser, Löhne, Land und Leben nimmt, während die Reichen unberührt bleiben.

Antifaschistisch zu sein bedeutet, sich dazu zu verpflichten, diese Bewegungen dort zu bekämpfen, wo sie zuerst zuschlagen: an den Rändern, bei denen, die durch Rassismus, Kolonialismus und Armut verwundbar gemacht werden.

In Deutschland richtet sich staatliche und polizeiliche Gewalt seit langem systematisch gegen Schwarze Menschen und People of Color.
In den letzten zwei Jahren war die Palästina-Bewegung mit Verboten, Kriminalisierung und Polizeigewalt in einem bisher unbekannten Ausmaß konfrontiert.
Dieselben Methoden werden jetzt gegen Antifaschist:innen und linke Bewegungen eingesetzt.

Unsere Kämpfe gegen Rassismus, gegen Zionismus, gegen Polizeigewalt und gegen Faschismus hängen alle zusammen.

“Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort ist eine Bedrohung für die Gerechtigkeit überall.”

Martin Luther King Jr., Brief aus dem Gefängnis in Birmingham

Wir müssen für die Befreiung aller kämpfen, nicht nur für einige.

Den Kampf gegen die AfD kann man nicht trennen vom Kampf gegen die globalen Systeme, von denen sie lebt: Grenzen, Abschiebungen, Gefängnisse, Apartheid, Krieg, Überwachung und Ausbeutung.

Solidarität ist nicht nur ein Wort. Sie ist Handeln und eine langfristige Verpflichtung. Sie ist ein Kampf – kein „Whack-a-Mole“-Spiel, bei dem man Faschist:innen hinterherrennt, wo immer sie auftauchen, sondern ein Kampf darum, die Bedingungen anzugehen, die ihr Auftauchen überhaupt erst möglich machen.

Unsere Solidarität muss das Gegenteil von Faschismus und Kolonialismus sein: eine echte Verpflichtung zu globaler Gerechtigkeit, die konkret wird durch die Umverteilung von Reichtum und Macht – weg von Konzernen und Imperien, hin zu Communities, Arbeiter:innen und allen, die an den Rand gedrängt werden.

Eine Demonstrant:in steht mit Eine Demonstrant:in steht auf einer Baukonstruktion und hält Bengalos in Gießen, Deutschland, am 29. November 2025, während eines bundesweiten Aktionstags gegen den Neustart der Jugendorganisation der rechtsextremen AfD (Alternative für Deutschland). Zur Mobilisierung hatte das Bündnis „widersetzen“ aufgerufen. Mehr als 200 Busse und über 50.000 Demonstrierende aus ganz Deutschland kamen nach Gießen, um sich dem Neustart entgegenzustellen und ihn zu verhindern. Die Polizei reagierte mit einem Großeinsatz und setzte ein Maß an Gewalt ein, das in der linken Szene außerhalb der Palästina-Solidaritätsproteste bislang nicht zu sehen war. (Foto: Tonny Linke/NurPhoto via Getty Images)

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